DAS VERDREHTE GEBEN UND NEHMEN

Wahrer Wandel geschieht nicht durch Regeln, sondern durch Haltung. Worte wie Treue, Trauen, Vertrauen, Anvertrauen – und auch das Geben und Nehmen – sind keine leeren Floskeln, sondern lebendige Bewegungen. Treue schenkt Halt, wenn sie frei gewählt wird, und sie fesselt, wenn sie erzwungen ist. Trauen bedeutet, die Komfortzone zu verlassen und dem Unbekannten zu begegnen. Vertrauen ist Hingabe, ein bewusstes Ja zum Leben. Anvertrauen ist radikale Offenheit – Loslassen, nicht aus Schwäche, sondern aus Stärke. So wie Geben die Freude ist, sich zu verschenken, ist Nehmen die Demut, empfangen zu dürfen.

Doch Machtstrukturen haben diese Kräfte oft verdreht: aus Treue wurde blinder Gehorsam, aus Vertrauen Unterwerfung, aus Anvertrauen Abhängigkeit, aus Geben Pflicht und aus Nehmen Schuld. Aber das Leben selbst flüstert uns zu: Du bist genug, bevor du etwas leistest.

Wandel beginnt im Inneren – dort, wo wir unsere Masken ablegen und uns selbst wie anderen offen begegnen. Erst dann strahlen diese Bewegungen hinaus in Familie, Freundschaft, Gesellschaft und Business.

Das Hermetische zeigt sich wie Wasser – frei, wandelbar, nicht festzuhalten. Jede Grenze wird zum Übergang, jeder Bruch zur Einladung, das Unendliche im Endlichen zu entdecken. Geben und Nehmen fließen hier wie Ebbe und Flut – zwei Atemzüge desselben Lebens.